Frauen in der Wissenschaft: Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Gründerin Jessica Haustein
Jessica Hausstein unterstützt Studierende und Mitarbeitende der HTWD dabei, ihre Ideen in Prototypen umzusetzen. Durch ihre Mitarbeit im Projekt Saxony⁵ trägt sie dazu bei, Wissen und Technologien aus der Hochschule in die Gesellschaft zu transferieren.
Was ist Ihre aktuelle Tätigkeit an der HTW Dresden und wie sind
Sie dazu gekommen?
Ich bin als wissenschaftliche Mitarbeiterin in zwei Projekten der Arbeitsgruppe Smart Production Systems von Professor Dirk Reichelt tätig. Im Projekt Lab X unterstütze ich Studierende und Mitarbeitende der HTWD bei der Umsetzung ihrer Business- oder Produktideen in reale Prototypen. Meine Tätigkeit sorgt dafür, dass gute Ideen nicht in Schubladen verschwinden, sondern im geschützten Raum getestet und weiterentwickelt werden können. Im Projekt Saxony⁵ tragen wir dazu bei, Wissen- und Technologien aus der Hochschule in die Gesellschaft zu transferieren. Beispielsweise durch monatliche Führungen durch die Industrie 4.0 Modellfabrik in der 9. Etage.
Während meiner Ausbildung zur Hotelfachfrau wuchs in mir der Wunsch zu studieren und eine Familie zu gründen. Ich entschied mich dann dazu, eine junge Mutter zu werden, weil ich einige Frauen kannte, die erst studiert, dann Kinder bekommen und danach mit ihrem Abschluss keinen Job gefunden haben, weil sie zu lange „raus“ waren. Während meiner Zeit als hauptberufliche Familienmanagerin engagierte ich mich ehrenamtlich in einigen sozialen Projekten und versuchte ein Business für handgemachte außergewöhnliche Spielsachen aufzubauen. Als mein viertes Kind in den Kindergarten kam, begann ich wieder mehr in meinem Beruf zu arbeiten und mich auf das einjährige Fachabitur vorzubereiten. Nach bestandener Abitur- und Aufnahme-Prüfung begann ich 2016 mein Produktdesign-Studium an der Fakultät Design der HTWD. Neben dem Studium übernahm ich kleinere Design-Aufträge und begann als wissenschaftliche Hilfskraft an der HTWD Demonstratoren für neuartige Materialien zu entwickeln. Während meiner Masterarbeit bekam ich die Möglichkeit, eine meiner Produktideen durch das Lab X finanziell fördern zu lassen und konnte so die Herstellbarkeit und Marktrelevanz testen. Dieser Produktidee widmete ich mich dann auch, mit Hilfe zweier Kommilitonen, nach meinem Masterabschluss für ein halbes Jahr vertieft. Seit Februar 2024 bin ich Vollzeit an der HTWD und verfolge die Produktidee unimory parallel in meiner Freizeit weiter.
Was hat Sie dazu motiviert, eine Karriere in der Wissenschaft zu verfolgen?
Mich reizt besonders die Vielfältigkeit der Themengebiete mit denen ich mich beschäftigen darf und das Mindset der Menschen, denen ich täglich auf Arbeit begegne. Ein Tag an dem ich nicht Neues kennenlernen oder ausprobieren kann, an dem ich meine Fähigkeiten nicht erweitern oder für etwas Sinnvolles einsetzen kann, fühlt sich für mich verloren an. In der Wissenschaft bietet sich aus meiner Sicht dafür mehr Freiraum als in der Wirtschaft.
Was hat Sie dazu motiviert ein Startup zu gründen?
Da kommen verschiedene Dinge zusammen. Zum einen fand ich es sehr schade die vielen Ideen, die im Studium ja schon sehr weit ausgearbeitet wurden, einfach in der Schublade zu vergessen. Wenigstens eine der Ideen wollte ich versuchen auf den Markt zu bringen, um zu sehen, ob nur ich die Idee toll finde und wie es sich anfühlt, etwas entworfen zu haben, was anderen Menschen wirklich gefällt und nützt. Zum anderen der Nutzen, denn unimory ist ein Spiel, das durch seine Konstruktion weniger Menschen vom gemeinsamen Spiel ausschließt. Dadurch können auch Menschen mit motorischen oder visuellen Einschränkungen weiter mit Freunden und Familie Memory spielen, was aus meiner Sicht nur positive Effekte haben kann.
Welchen Herausforderungen sind Sie auf Ihrem Weg in der Wissenschaft und der Unternehmensgründung begegnet?
Die größte Herausforderung ist für mich, dass mein Tag meistens zu wenig Stunden für all die spannenden Sachen hat, die ich gern machen möchte. Irgendwo in der HTWD ist ein Spruch angepinnt, dem ich mich hier gern bedienen möchte: "Das Schlechte an guten Ideen ist, dass sie meistens in Arbeit ausarten.“ Dadurch muss ich ständig neu priorisieren und abwägen, wie tief ich mich in ein Thema hineindenken kann. Sehr herausfordernd empfinde ich, alles unter einen Hut zu bekommen und im Blick zu behalten, was es manchmal nötig macht, Dinge loszulassen oder zu delegieren.
Welche Unterstützung haben Sie auf diesem Weg erhalten?
Unterstützung in Form von Zuspruch und nützlichem Feedback erhielt und erhalte ich im Familien- und Freundeskreis und aus dem Kollegium. Für das unimory Projekt war die Lab X Förderung essentiell um einen funktionstüchtigen Prototypen und ein passendes Herstellungsverfahren testen zu können und auch die Bestärkung und Anerkennung der Produktidee war da unheimlich wertvoll.
Wie erleben Sie die Themen Gleichstellung und Diversität in der wissenschaftlichen Gemeinschaft und in der Gründerszene?
In meiner Wahrnehmung werden die Bemühungen um mehr Diversität und Gleichstellung stetig intensiviert, der Erfolg zeigt sich aber nur in kleinen Schritten. Vorurteile und Ängste verhindern noch zu oft eine unbefangene Einschätzung des einzelnen Menschen. Als Frau muss man lernen, zu kontern und nein zu sagen. Oft merken Menschen gar nicht, dass etwas was sie tun oder sagen diskriminierend oder ungerecht ist.
Welche Veränderungen oder Initiativen würden Sie sich wünschen, um die Gleichstellung in diesen Bereichen zu fördern?
Ich würde mir wünschen, dass wir uns alle häufiger in unser Gegenüber hineinversetzen und die vielen positiven Aspekte von diversen Teams mehr in den Fokus geraten. Außerdem wünsche ich mir, dass Frauen häufiger den Mut aufbringen, sich auszuprobieren, über sich hinaus zu wachsen, nicht perfekt sein zu müssen und auch mal zu scheitern. Wenn ich etwas gar nicht erst versuche, bin ich schon gescheitert.
Was sind Ihre nächsten beruflichen Ziele?
Ich möchte das Lab X zu einem selbstverständlichen Teil der HTWD wachsen sehen, wo divers aufgestellte Teams ihre Köpfe zusammenstecken und mit ihren Ideen die Welt verbessern. Der nächste Schritt bei unimory wird die offizielle Gründung und der Start einer KickStartKampagne sein. Nebenher werden letzte Schritte zur Nullserie vollbracht, Verträge vorbereitet, Werbematerial und Website ausgestaltet und einige Verpackungstest vollbracht.
Welche Ratschläge würden Sie jungen Frauen geben, die eine Karriere in der Wissenschaft anstreben oder selbst ein Unternehmen gründen wollen?
Einfach mal anfangen und auf sein Bauchgefühl hören. Sich selbst und seinen Fähigkeiten trauen. Die Themen für die man brennt verfolgen, Hilfe annehmen. Sein Wissen und Ideen kommunizieren und ausprobieren.