Fakultät Geoinformation

Der Webstuhl
© Ch. Richter/Nasca Project

Linien und Figuren in der Pampa von Nasca/Peru

Projektziel

In der "Pampa von Nasca" im Süden Perus verbirgt sich eines der faszinierendsten und bislang ungelösten Rätsel der Menschheitsgeschichte. Riesige Erdzeichnungen (sogenannte Geoglyphen), kilometerlange Linien und zahlreiche Flächen in Trapez- und Dreiecksformen zeugen von einer längst vergangenen Kultur. Wie auf einem riesigen Schnittmusterbogen überziehen sie das mehr als 500 km2 umfassende Wüstenplateau. Sie sind das Zeugnis der hohen künstlerischen und technischen Begabung der Nasca-Kultur, die hier zwischen 200 v. Chr. und 650 n. Chr. ihre Blütezeit erlebte.

Wesentliches Ziel des 1995 ins Leben gerufenen Forschungsprojektes ist es, das Weltkulturerbe der Linien und Figuren in der Pampa von Nasca und Palpa angesichts der drohenden Zerstörung infolge von Klimaeinflüssen, Umweltverschmutzung und Massentourismus zumindest in digitaler Form zu erhalten. Daher steht der Aufbau eines Geographischen Informationssystems (NascaGIS), in dem alle verfügbaren Daten zu den Bodenzeichnungen gespeichert, verwaltet, analysiert und präsentiert werden, im Vordergrund. Eine Web-Applikation des NascaGIS ermöglicht allen Interessenten den Zugang zu den Ergebnissen des Projektes.

Zahlreiche Theorien ranken sich um das bislang ungelöste Rätsel über die Entstehung und ursprüngliche Bedeutung der Linien und Figuren in der Pampa von Nasca. Die Dresdnerin Dr. Maria Reiche beschäftigte sich mehr als 40 Jahre mit dieser Frage und vermutete in den Zeichnungen eine frühe Kalenderanlage der Nascaindianer. Diese Theorie zu untersuchen und damit die Arbeit von Maria Reiche fortzuführen, ist ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt des Forschungsprojektes. 

 

Projektinhalt

Das Kernstück des Forschungsprojektes bildet das NascaGIS. Im Rahmen mehrerer Diplomarbeiten an der Fakultät Geoinformation entstand das Datenmodell für das NascaGIS, welches in einer Oracle-Datenbank implementiert ist. Hier werden sämtliche Daten und Informationen zu den Geoglyphen in der Pampa erfasst, verwaltet, analysiert und für die Präsentation aufbereitet.

Alle Ergebnisse sind in einer Web-Applikation des NascaGIS im Internet verfügbar.

Um die Bodenzeichnungen in digitaler Form erhalten zu können, müssen sie zunächst geometrisch erfasst werden. Angesichts der Größe und eingeschränkten Zugänglichkeit des Gebietes sind klassische Messverfahren für die Vektordatenerfassung nicht sinnvoll. Eine effektivere Methode ist die photogrammetrische Auswertung von Luft- und Satellitenbildern. Dies setzt jedoch eine Georeferenzierung der Bilder voraus. Die Bestimmung der hierfür erforderlichen Passpunkte erfolgte vor Ort. Insgesamt fünf GPS-Messkampagnen widmeten sich bislang diesem Ziel, wovon drei gemeinsam mit der TU Prag realisiert wurden. Alle Kampagnen wurden gerätetechnisch von der Firma Leica Geosystems (in Peru: Química Suiza) unterstützt.

Die gesamte Passpunktmessung basiert auf einem 2004 angelegten Festpunktfeld, welches an die GPS-Permanentstationen in Lima und Arequipa/Peru, Bogota/Kolumbien sowie Santiago de Chile angehängt wurde. Aufbauend auf diesem Festpunktfeld konnten im Laufe der Jahre etwa 2500 Punkte mittels DGPS (Differential Global Positioning System) im Gelände bestimmt werden.

Wichtigste Grundlage für den Aufbau des NascaGIS sind die Daten. Als Basis für die Datenerfassung dienten in erster Linie 179 photogrammetrische Luftbilder des Nasca-Blocks (Bildflug 1998; zur Verfügung gestellt von der ETH Zürich) sowie sehr hochauflösende Satellitenbilder (Ikonos, Quickbird, WorldView und GeoEye).  

Die Bilder wurden mithilfe der im Rahmen mehrerer GPS-Messkampagnen bestimmten Passpunkte georeferenziert. Diese georeferenzierten Luft- und Satellitenbilder dienten als Grundlage für die Digitalisierung der Bodenzeichnungen und aller topographischen Objekte in der Pampa. Zudem finden die Bilder Verwendung für die Herstellung von Luft- und Satellitenbildkarten.

Die astronomische These ist eine der vielen Theorien über die Entstehung und ursprüngliche Bedeutung der Geoglyphen in der Pampa von Nasca. Sie geht davon aus, dass lange Linien und Flächen in der Pampa zu ausgewählten Himmelskörpern (Sonne, Mond, Planeten und sehr helle Sterne) zur Nascazeit ausgerichtet waren. Die Zeichnungen in der Wüste könnten somit der Bestimmung von Zeiten beispielsweise für Aussaat und Ernte gedient haben. Außerdem könnten die Figuren in der Pampa den Sternbildern der Nascas entsprochen haben.

Im mehreren Abschlussarbeiten an der Fakultät Geoinformation entstanden daher Programme, die es ermöglichen, Korrelationen zwischen Linien und Flächen in der Pampa und Positionen von Sternen, Planeten, Sonne und Mond zur Nazca-Zeit zu berechnen. Mithilfe dieser Programmen konnten zunächst einige Beobachtungen von Maria Reiche verifiziert werden. Hier ergab sich eine sehr gute Übereinstimmung von Linien mit hellen Sternen sowie der Sonne. Generell kann man jedoch sagen, dass nicht alle Bodenzeichnungen mit Astronomie zu erklären sind.

Eine wichtige Grundlage für die Überprüfung der astronomischen Theorie ist ein sehr genaues Digitales Geländemodell (DGM) des gesamten Gebietes, um die exakte Position des Auf- bzw. Unterganges der Gestirne berechnen zu können. Zudem kann ein DGM für die Erstellungen von 3D-Visualisierungen und Animationen genutzt werden.

Zur Erstellung von Digitalen Geländemodellen können beispielsweise Stereobilddaten genutzt werden. So entstanden aus den Stereo-Modellen der photogammetrischen Luftbilder sowie aus Stereo-Satellitenbilddaten (Aster) Digitale Geländemodelle unterschiedlicher Auflösung. Für einige Aufgaben wurden auch die Daten der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) genutzt. In nächster Zeit sollen auch die Ergebnisse der TanDEM-X Mission mit ins Projekt einfließen.

Neben der Erfassung der Geoglyphen bestand eine weitere Aufgabe des Projektes in der Erfassung von Felszeichnungen (sogen. Petroglyphen). Genaugenommen handelt es sich hierbei nicht um Zeichnungen, sondern um Felsritzungen. Etwa 150 solcher Petroglyphen konnten im Laufe der Jahre dokumentiert und photogrammetrisch erfasst werden. Die meisten dieser Petroglyphen befinden sich in den Tälern rund um die Stadt Palpa.

Neben den Geoglyphen und Petroglyphen in der Pampa werden auch historisch wertvolle Bauwerke der Region um Nasca und Palpa, photogrammetrisch erfasst. Hierbei existiert eine enge Kooperation mit dem Photogrammetrie-Labor der TU Prag. Einige Gebäude wurden dort im Rahmen von Projekt- und Abschlussarbeiten ausgewertet und als 3D-Gebäude in Google Earth bereitgestellt.

Die Herstellung topographischer und Bildkarten ist eine weitere Aufgabe des Projektes. Etwa zwanzig Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten widmeten sich im Laufe der Jahre der Erstellung von Karten. Neben topographischen Karten entstanden dabei vor allem Orthophoto- und Satellitenbildkarten in den verschiedensten Maßstäben.
Die erste Satellitenbildkarte der Pampa von Nasca konnte bereits im Sommer 2004 in Peru päsentiert werden und erweckte dort ein großes Medieninteresse.

Projektteam

Projektpartner

Seit 2003 existiert eine enge Kooperation mit dem Labor für Photogrammetrie der TU Prag, vertreten durch Prof. Dr.-Ing. Karel Pavelka.

Das Projekt wird außerdem seit vielen Jahren unterstützt durch:

Bildergalerie