Rufe begreifbar machen
Erweiterung unserer Sinne: Bat-Detektoren
Die Fledermäuse anhand ihrer Ortungsrufe zu erfassen ist in den letzten Jahrzehnten immer relevanter geworden. Dazu beigetragen haben unter anderem die Entwicklung von autonom arbeitenden Systemen und anwendungsfreundliche Analyseprogramme. Aber auch die immer größer werdende Nachfrage durch Naturschutz und Landschaftsplanung spielen eine große Rolle.
Die Ultraschall-Laute der Tiere können mithilfe von elektronischen Geräten, sogenannten Fledermaus-Detektoren („Bat-Detektoren“), nicht nur für den Menschen vor Ort hörbar gemacht, sondern ebenfalls aufgezeichnet und somit weiterverarbeitet werden.5 Das hat den riesigen Vorteil, dass Mensch ohne die Tiere für die Bestimmung fangen und somit stören zu müssen, viel leichter zum Beispiel ihr Jagdverhalten, die Nutzung der Habitate oder die Bevorzugung von bestimmten Strukturelementen erforschen kann. In der Tabelle 2 "Gegenüberstellung der Verfahren für die akustische Artbestimmung von Fledermäusen" unter "Hardware" ist eine Übersicht der angewandten Verfahren.
Die Grenzen der Methode
Auch die akustische Bestimmung durch das halbautomatische Verfahren hat, wie alle anderen hier vorgestellten Methoden, natürlich ebenfalls ihre Vor- und Nachteile sowie Grenzen. In der folgenden Betrachtung wird davon ausgegangen, dass man ein möglichst akkurates sowie vollständiges Ergebnis erzielen möchte. Für Hobbyaufnahmen sind die Kritikpunkte daher teilweise vielleicht nicht so scharf zu sehen.
Die Methode des Teil- und Zeitdehnverfahrens eignet sich beispielsweise für die wissenschaftliche Erfassung und Artbestimmung von Fledermausrufen, wobei sich jedoch einige Hürden auftun. Voraussetzung sind unter anderem einwandfrei funktionierende Aufnahme- und Analysegeräte sowie eine ausreichende Fachkenntnis der analysierenden Person. Einige Arten können, selbst von erfahrenen Beobachter*innen durch die Analyse der Ultraschallrufe nicht immer eindeutig bestimmt werden.3
Die Ortungsrufe der Fledermmäuse sind außerordentlich variabel und situationsabhängig. Dadurch überlappen sich die Rufe verscheidener Arten häufig1. Die in einer Gilde zusammengefassten Arten müssen beispielsweise ähnliche Ortungsaufgaben bewältigen, dadurch sind ihr Echoortungsverhalten und ihre Lautstruktur sehr ähnlich. Somit ist es schwieriger sie anhand ihrer Rufe auseinanderzuhalten.5 Die korrekte Artzuordnung von Echoortungslauten setzt somit ein hohes Maß an Erfahrung und dem Wissen um die Möglichkeiten und Grenzen der angewandten Methode voraus1.
Die Artenidentifizierung mithilfe von Computerprogrammen erfordert normalerweise einen Lernprozess des Programmes auf der Grundlage einer internen Rufbibliothek. Die Zuverlässigkeit der Analysen hängt dann von dem Inhalt der verwendeten Rufbibliothek ab. Diese enthält nur Aufnahmen, die mit hundertprozentiger Sicherheit zu einer bestimmten Art gehören. Um dies zu gewährleisten, handelt es sich bei vielen Aufzeichnungen um von Hand freigelassenen oder aus ihrem Schlafplatz hervorkommenden Tiere. Wohingegen Rufe von Fledermäusen unter extremen Bedingungen im Freien in bestätigten Rufbibliotheken tendenziell seltener sind. Die erfassten Arten ziehen es jedoch im Allgemeinen vor, in offenen Lebensräumen zu fliegen und verwenden daher lange und schmalbandige Impulse, die nur einen kleinen Teil der Bibliothek ausmachen, auf der das neuronale Netzwerk der Programme trainiert wird. Eine solche voreingenommene Bibliothek verringert daher aktiv die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Identifizierung. Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die vom Softwarepaket dargestellte Wahrscheinlichkeit der Identifizierung das Ergebnis einer internen Validierung ist. Eine hundertprozentige Übereinstimmung mit der Bibliothek bedeutet nicht, dass eine konkrete Identifizierung vorliegt.22
Ein weiterer Fehler bei der automatisierten Identifizierung besteht darin, dass sich die Analyse auf einzelne Impulse konzentriert, ohne Informationen über den Kontext. Beispielsweise besteht der soziale Ruf der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) aus vier Impulsen mit sehr kurzen Impulsabständen. Obwohl der Frequenzbereich und die Form leicht unterschiedlich sind, wird ein Impuls manchmal mit einem Suchphasenruf eines Braunen Langohres (Plecotus auritus) verwechselt. Bei der visuellen Analyse werden die umgebenden Impulse erkannt, sodass sofort klar ist, dass es sich um einen sozialen Aufruf handelt und es lässt sich leicht erkennen, wenn sich Rufe verschiedener Individuen überschneiden.22
Vor allem bei der Gattung Myotis ist es selbst mit qualitativ hochwertigen Aufnahmen schwierig, dies Tiere bis auf die Art zu bestimmen. Auch andere Fledermausarten sind aufgrund ihrer variablen Rufe akustisch quasi nicht bestimmbar. Dann kommt der Netzfang zum Einsatz. In einigen Fällen kann der Fangerfolg am Netz dadurch erhöht werden, dass Soziallaute der Fledermäuse über einen Utraschalllautsprecher abgespielt werden. Wenn man beispielsweise herausfinden möchte, ob eine zukünftig gebaute Straße den Nachtjagenden im Weg ist, dann ist es außerdem unglaublich wichtig, die Tiere den gesamten Jahreszyklus lang mehrmals und auf unterschiedliche Weisen zu untersuchen, um alle verschiedenen Flugwege und Wanderungen zu erfassen.12
Denn die jahreszeitliche Aktivitätsmuster wie beispielsweise Wochenstubenauflösungen oder Wanderungen einen starken Einfluss auf das Artenspektrum an einem Standort. Aber auch Variablen wie das Jahr selbst und die jeweiligen Witterungsbedingungen beeinflussen die Erfassungen. Weitere Faktoren wie die tägliche Veränderung der Aktivitätsschwerpunkte der Fledermäuse sorgen ebenfalls dafür, dass pro Untersuchungspunkt mindestens zwei oder drei aufeinanderfolgende Nächte untersucht werden sollten und selbst dann werden selten alle Arten verzeichnet.23
Aufgrund der unterschiedlichen Schallintensitäten ist es nicht immer möglich alle Fledermausarten eines Gebietes zu kartieren und daher muss die Untersuchung mit weiteren Methoden ergänzt werden, wie zum Beispiel durch den Fang oder auch dem Verwenden von Fotofallen3 sowie die Arbeit mit Fledermauskästen24.
Die atmosphärische Abschwächung der Laute, deren Wirkung in hohen Frequenzbereichen stärker ist als in tieferen, sowie die unterschiedlichen Lautstärken der Fledermausrufe selbst haben einen Einfluss auf die Distanz aus welche Rufe überhaupt aufgenommen werden können. Dadurch ergibt sich eine deutlich überproportionale Aufnahmewahrscheinlichkeit für QCF und FM-QCF Arten zugleich sind die FM-Arten stark unterrepräsentiert. (Begriffserklärungen zu den Abkürzungen siehe Tabelle 3.) Unterschiede in der Geräteempfindlichkeit, auch durch die Aufstellung bedingt sowie eine begrenzte Vergleichbarkeit der vielen Gerätespezifikationen spielen bei der Auswertung ebenfalls eine Rolle.5
Die meisten Fledermaus-Autoren seien sich einig, dass die automatisierte Identifizierung nicht völlig zuverlässig sei. Ohne automatisierte Identifizierung wäre jedoch eine langfristige Überwachung nahezu unmöglich und viele wichtige Fragen zur Ökologie und zum Schutz von Fledermäusen könnten nicht in angemessener Zeit beantwortet werden. Technologische Entwicklungen dürften viele der oben genannten Einschränkungen bald überwinden oder ihre Auswirkungen verringern, was zu einer Verbesserung der Zuverlässigkeit der automatisierten Identifizierung führen wird.22
Fledermaus-Frage-Feld
Was hat dazu beigetragen, dass Fledermausrufe leichter zu erfassen geworden sind?
Welchen Vorteil bieten Bat-Detektoren?
Warum überlappen sich die Rufe einiger Arten?
Warum kann eine Rufbibliothek einer Software voreingenommen sein?
Eine automatische Klassifizierungssoftware behauptet sie hätte mit einer Wahrscheinlichkeit von hundert Prozent eine Zwerfledermaus erkannt. Warum bedeutet diese Wahrscheinlichkeit nicht zwangsläufig ein sicheres Bestimmungsergebnis?
Unter welchen Einflüssen steht das Artenspektrum an einem Ort?
Was passiert in der Atmosphäre mit Frequenzen? Und welchen Einfluss hat das auf die Repräsentation bei der Aufnahme bestimmter Rufarten?