Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie

Tiergenetische Ressourcen von Rassegeflügel

Leistungsprüfung alter, einheimischer Hühnerrassen und Optimierung einer Software zur Zuchtbuchführung in sächsischen Rassegeflügelzuchten - „Sachsenhuhn“

Projektleiter:                                 Prof. Dr. med. vet. Markus Freick

Ansprechpartner für den SRV:  Dr. agr. Ruben Schreiter

Operationelle Gruppe:        

  • Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
  • Sächsischer Rassegeflügelzüchterverband e.V.
  • Landwirtschaftsbetrieb Rump, Dresden-Ockerwitz

Fördermittelgeber:              

Sächsisches Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Geologie – EIP-Agri (Identifikationsnummer 332019017501LWC - zuständig für die Durchführung der ELER-Förderung im Freistaat Sachsen ist das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, Referat Förderstrategie, ELER-Verwaltungsbehörde)

Laufzeit:                                  04/2020 – 03/2022

Abschlussbericht:                 Zum Download in der EIP-Projekt-Datenbank

Weiterführende Informationen

Das Sachsenhuhn im Biosphärenreservat

Prof. Dr. med. vet. Markus Freick

Martin-Luther-Universität Halle

Lehrstuhl für Nachhaltige Nutztierhaltung und Tiergesundheitsmanagement

Prof. Dr. med. vet. Markus Freick

Problemstellung

Die Zucht beim Haushuhn konnte in den vergangenen 80 Jahren eine enorme Steigerung des Leistungspotentials verzeichnen, die dazu führte, dass heute hoch spezialisierte Linien der Mast- und Legerichtung kommerziell genutzt werden und leistungsschwächere Rassen aus der Nutzung verdrängt wurden. Gezüchtet werden die alten Geflügelrassen seit über 150 Jahren von Züchtern des Bundes Deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG), der in seiner Organisation über ein etabliertes Verfahren zur Zucht und Bewertung der Rassen nach definierten Standards zum Exterieur (z.B. Größe, Körperbau, Kammform, Gefiederbildung und -farbe) verfügt. Zentrale Probleme in den häufig sehr kleinen Populationen des Rassegeflügels sind aus tierzüchterischer Sicht ein starker Anstieg des Inzuchtgrades sowie die nicht in allen Zuchten vorhandene Leistungsdokumentation und -selektion.

Die Notwendigkeit der Erhaltung alter, einheimischer Geflügelrassen im landwirtschaftlichen Kontext ist v.a. in deren wertvollen Beitrag zur genetischen Diversität sowie deren funktionalen Merkmale, wie Adaptionsfähigkeit, Krankheitsresistenz oder Verhaltensmerkmale begründet. Als besonders erhaltenswert eingestufte Rassen (vor 1930 in Deutschland gezüchtet, Bezug zur landwirtschaftlichen Nutzung) werden in der Liste alter, einheimischer Geflügelrassen des Fachbeirats für tiergenetische Ressourcen zusammengefasst.

Systematische Leistungsprüfungen erfolgten durch die Dachorganisation der Rassegeflügelzüchter in der DDR bis 1989. Seither wurde das Leistungsvermögen von Rassehühnern nur noch sporadisch bei Lange (1995, 1997), Götze & von Langerken (1997) und Tiemann & Fellmin (2017) sowie in aktuell laufenden Projekten (z.B. Augsburger Hühner am Versuchsgut Kitzingen, Projekt RegioHuhn) und mit einer kleinen Stichprobe am Wissenschaftlichen Geflügelhof des BDRG in Sinsteden geprüft. Damit fehlen aktuelle, belastbare Aussagen zur Lege-, Mast- und Schlachtleistung, der Eiqualität und tierbezogenen Tierschutzindikatoren (z.B. Gefieder- und Fußballenzustand) der Rassen unter definierten Bedingungen einer Leistungsprüfung. Für eine potentielle landwirtschaftliche Nutzung der Rassen in Nischenproduktion sind somit auch keine Kenntnisse zur Eignung der Rassen vorhanden.

Aufzeichnungen zur Legeleistung, den Brutergebnissen und den zusammengestellten Zuchtstämmen der Rassegeflügelzüchter werden auf freiwilliger Basis an die Zuchtbücher der Landesverbände des BDRG gemeldet. Die Dokumentation der Legeleistung erfolgt dabei auf Basis des Bestandes, mit saisonaler oder ganzjähriger Fallnestkontrolle. Die auf Landesebene gemeldeten Werte werden an das Bundeszuchtbuch im BDRG weitergeleitet, gebündelt und jährlich veröffentlicht.

Vorhandene tierartunabhängige und auch für Zuchtgruppen (Stämme) konzipierte Plattformen zur Dokumentation, Auswertung und Steuerung der Zucht von Haustieren wie z.B. APIIS (Adaptable Platform Independent Information System) wurden bisher in der Rassegeflügelzucht nicht erprobt. Es muss daher geprüft werden, ob geeignete Oberflächen zur Dateneingabe durch die Züchter bzw. Zuchtbücher der Landesverbände sowie Schnittstellen zur Weitergabe der Daten vorhanden sind - anderenfalls müssen diese geschaffen werden. Darüber hinaus ist eine modellhafte Anwendungserprobung dieses Monitoringsystems anhand von Daten aus Leistungsprüfungen alter einheimischer Hühnerrassen und aus Daten des Zuchtbuches des Sächsischen Rassegeflügelzüchterverbandes e.V. (SRV) notwendig. Die bislang nicht erfolgte Etablierung derartiger Systeme beim Rassegeflügel zeigt sich als Hemmnis bei der Akquise neuer Zuchtbuchmitglieder und der detaillierten Auswertung der erhobenen Daten nach Rassen, Zeit oder anderen fixen Faktoren. Daten zur Verpaarung der Zuchtstämme inkl. Abstammung werden zwar durch die Züchter gemeldet, aber nicht zentral dokumentiert und ausgewertet, wodurch Pedigreeinformationen innerhalb der Populationen nicht generiert werden. Zudem besteht damit keine Möglichkeit, die seitens des Fachbeirats für tiergenetische Ressourcen an eine dokumentierte Erhaltungszucht festgelegten Merkmale zeitgemäß digital zu erfassen und zu dokumentieren.

Zielstellung

Das Leistungsvermögen von zwei alten Geflügelrassen soll in Aufzucht und Legeperiode unter Feldbedingungen geprüft werden, um deren Wachstums-, Schlacht- und Legeleistung sowie deren Eiqualität zu evaluieren.

Es wird dabei auf zwei in der Liste alter, einheimischer Geflügelrassen geführte Hühnerrassen zurückgegriffen:

1) Das Sachsenhuhn als Lokalrasse Sachsens, die sich in der höchsten Gefährdungsstufe „extrem gefährdet“ befindet. In der Untersuchung befinden sich Tiere der auf der Liste alter, einheimischen Geflügelrassen geführten Farbenschläge schwarz, weiß und gesperbert.

2) Deutsche Zwerg-Langschan (stark gefährdet), als eine der drei seit 2017 auf der Liste geführten Zwerghuhnrassen. In der Untersuchung befinden sich Tiere der auf der Liste alter, einheimischen Geflügelrassen geführten Farbenschläge schwarz, weiß, rot und blau-gesäumt.

Als Kontrollgruppe dient eine Gruppe mit marktüblichen Hochleistungshybridhennen (Braunleger).

Mit den generierten Erkenntnissen besteht eine belastbare Basis zum Leistungsvermögen und den Tierwohlindikatoren für die ausgewählten Rassen. Die Ergebnisse der Untersuchung dienen der Akquise neuer Züchter und Halter für die betreffenden Rassen sowie als mögliche Grundlage für eine regionale Nischenproduktion mit alten Hühnerrassen.

Mit der Erarbeitung einer Software sollen die bereits heute erfassten Daten effektiver genutzt und ausgewertet werden. Außerdem soll den Züchtern und Haltern ein Werkzeug zur Planung der Anpaarungen zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich existiert damit ein Instrument, mit dem auch die administrative Abwicklung bei einer potentiellen Förderung der alten, einheimischen Rassen erledigt werden kann.

Vorgehen

Die Bruteier für die Untersuchung werden von 15 deutschlandweit verteilten Rassegeflügelzüchtern bereitgestellt. Unterstützt wird das Projekt dabei von den rassebetreuenden Sondervereinen im BDRG. Nach zentraler Brut erfolgt die Aufzucht und Haltung der Legetiere (ca. 50 Hennen je Prüfgruppe) auf einem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb. Gehalten werden die Tiere in einer extensiven Freilandhaltung, die einerseits für die Haltung von Rassegeflügel bei Hobbyzüchtern charakteristisch, aber andererseits auch für eine potentielle Nutzung in einer Nischenproduktion als relevant anzusehen ist.

In verschiedenen Arbeitspaketen werden im Zuge der Leistungsprüfung bei den drei Gruppen (Sachsenhühner, Deutsche Zwerg-Langschan, Braunlegerhybriden) schwerpunktmäßig folgende Merkmale erfasst:

  • Brutmerkmale (Eigewicht und Eiformindex der eingelegten Eier, Befruchtung, abgestorbene Embryonen, geschlüpfte Küken)
  • Körperwachstum (Körpermasse, Uniformität)
  • Futterverbrauch und -verwertung
  • Integumentzustand zur indirekten Quantifizierung von Verhaltensstörungen und Tierwohlindikatoren (Zustand von Gefieder, Haut, Zehen, Fußballen und Brustbein)
  • Legeleistung (Eizahl, Eigewicht)
  • äußere und innere Eiqualität
  • Schlachtleistung (Schlachtmasse, Ausschlachtung, Zusammensetzung Teilstücke) und Fleischqualität

Bei der Optimierung einer vorhandenen Software (APIIS) bezüglich der Bedingungen und Anforderungen der Rassegeflügelzucht, gilt es geeignete Oberflächen zur Dateneingabe durch die privaten Züchter und Halter mit Schnittstellen zur Datensammlung und Möglichkeiten zur Auswertung tierzuchtrelevanter Parameter (Leistung, Brutdokumentation, Reproduktion, Pedigree) zu schaffen und eine Anwendungserprobung als Monitoringsystem durchzuführen.