Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie

Braunes Langohr auf einer Hand
Braunes Langohr Urheber*in: Maxim Ludwig

Gefährdung & Schutz

Fledermausfund melden

Falls Ihr eine Fledermaus findet an einem Ort wo sie nicht hingehört, sei sie durch's Kippfenster in's Badezimmer geplumpst, im Wohnzimmer an der Gardine eingeschlafen oder was auch immer - egal ob lebendig, verletzt oder verstorben:
Es ist super wichtig den Fund lokal zu melden & gegebenenfalls Unterstützung zu bekommen.
Hier kommt Ihr zum Portal für Sachsen. Vielen Dank!

Warum die Mühen?

Natürlich abgesehen davon, dass es für sich alleinstehend spannend und interessant sein kann - warum könnte es sich als sinnvoll erweisen, zu wissen wo Fledermäuse wohnen, wie sie sich orientieren und was sie fressen? Warum sollte man sich hinsetzen und eine Webseite voller Fledermausfakten kurieren? Und wenn dieses Wissen bei der Bestimmung hilft, warum möchten wir denn überhaupt herausfinden, wie man Fledermäuse bestimmen kann?

Seit den 1950er Jahren gab es starke Bestandsrückgänge in Mitteleuropa12, alle 25 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten sind im Anhang IV (Liste von Tier- und Pflanzenarten, die europaweit dadurch unter Schutz stehen, weil sie u.a. in ganz Europa gefährdet und damit schützenswert sind) der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union aufgeführt, sieben von ihnen zusätzlich auf Anhang II (Sammlung der Tier- und Pflanzenarten, für die Schutzgebiete im NATURA 2000-Netz eingerichtet werden müssen). Entsprechend des Bundesnaturschutzgesetzes sind sie streng geschützt sowie besonders geschützt. Demnach dürfen sie nicht gestört, gefangen, verletzt oder getötet werden. Auch das Beschädigen oder Zerstören ihrer Lebensstätten ist untersagt.11, 25, 26
Zahlreiche europäische Staaten haben sich außerdem dem Abkommen EUROBATS zur Erhaltung der Fledermäuse in Europa angeschlossen. Weitere internationale Regelungen wie die Berner Konvention (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume) und die Bonner Konvention (Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten) führen ebenfalls (fast) alle Fledermausarten jeweils auf Anhang II1. Bezüglich der Bonner Konvention sind auf Anhang II alle Arten, die sich in einer ungünstigen Erhaltungssituation befinden und für die eine internationale Zusammenarbeit erforderlich ist, oder nützlich wäre. Bei der Berner Konvention beinhaltet Anhang II die streng geschützten Tierarten für die strenge Artenschutzvorschriften gelten. Sie dürfen nicht gefangen, getötet, gestört oder gar gehandelt werden.

Gesetzlicher Schutz allein hält jedoch den Artenrückgang nicht auf. Wie der Schutz von allen Tierarten, muss Fledermausschutz vor allem Biotopschutz sein. Die Aufenthaltsorte und Lebensräume müssen erhalten bleiben.2
Um entsprechende Maßnahmen zu entwickeln und um deren Ergebnisse bewerten zu können, müssen beispielsweise Populationsgrößen beobachtet und erfasst werden1. Um die Population einer Art auswerten zu können, muss man wiederum wissen, wie groß diese ist19.

Fledermäuse eignen sich zudem als Indikatorarten, da sie durch ihre Sensibilität bezüglich Veränderungen ihrer Umwelt empfindlich reagieren. Beispielsweise ermöglichte die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) exakte Daten über die Einlassungsorte von Schadstoffen in Vorfluter, Flüssen und Seen zu erlangen. Das weiß man aus folgenden Geschehnissen: In einen Fluss gelangten Tenside, welche die Wasserqualität stark beeinträchtigten und somit wurden die Insekten sowie entsprechend die Fledermäuse weniger. Durch den Einsatz eines Ultraschalldetektor wurden dann nach Einlass der Tenside die bereits bekannten Jagdgebiete der Wasserfledermäuse überprüft und bis auf wenige Meter konnte sich der Einlassort der Tenside ausfindig machen und wichtige Hinweise an die Kriminalpolizei gegeben werden.3
Den großen Beitrag von Fledermäusen für unsere Ökosysteme und ihren ökologischen Wert zeigt auch ein Experiment von 2022: Hier wurden Fledermäuse mit großen Netzen künstlich aus bestimmten Teilen eines Waldes abgehalten, Insekten jedoch nicht. Dies hatte zur Folge, dass junge Bäume in den fledermausfreien Bereichen fünf mal so viel Fraßschäden hatten, als die der Kontrollbereiche mit Fledermäusen.29

Damit sich im breiten Maße für die Erhaltung der liebenswerten und auch nützlichen Fledermäuse durch interessierte und aufgeklärte Bevölkerungsgruppen eingesetzt wird, ist es notwendig sich intensiv mit den europäischen Fledermäusen zu beschäftigen2.

Natürliche Feinde

Europäische Fledermäuse haben nur wenige natürliche Feinde. Vor allem die Schleiereule und der Waldkauz sind es unter den Vögeln. Aber auch Falken erbeuten manchmal Fledermäuse, die schon am späten Nachmittag oder in der frühen Abenddämmerung unterwegs sind. Bei Steinmardern stehen die Fledertiere ebenfalls auf dem Speiseplan. Hauskatzen beißen die Fledermäuse oft tot und lassen sie dann jedoch liegen.
Auf dem Fell und den Flughäuten der Fledermäuse leben auch Ektoparasiten, welche jedoch nur ausnahmsweise einem kranken oder geschwächten Tier gefährlich werden. Dabei handelt es sich um Schmarotzer, die sich an der Oberfläche des Wirtes befinden, wie beispielsweise Flöhe, Wanzen, Fledermausfliegen, Zecken und Milben.2Auch gibt es beispielsweise eine Pilzinfektion, welche vermutlich von Europa nach Nodamerika übertragen wurde und bei den dort nicht angepassten Tieren um 2006 ein Massensterben verursacht hat5.

Es sind jedoch nicht die wenigen natürlichen Feinde, welche seit Jahrzehnten das Überleben vieler Fledermausarten bedrohen, sondern es ist der Mensch. Mit Einflüssen der modernen Industriegesellschaft haben wir dafür gesorgt, dass regional bereits einige Fledermausarten ausgestorben sind.2

Menschliche Einwirkungen

Hauptfaktoren für die Beeinträchtigung der Fledermäuse sind unter anderem die direkte Vergiftung von Fledermäusen durch vergiftete noch lebende Nahrungsinsekten nach Pestizideinsatz, die Zerstörung naturnaher Landschaften und Lebensräume, die Vernichtung von Quartieren an Gebäuden sowie das Fällen von Höhlenbäumen, der Einsatz von hochgiftigen Holzschutzmitteln in Quartieren wie Dachstühlen, sowie die starke Beunruhigung und Tötung durch den Menschen.2
An lokalen Punkten wie im Straßenverkehr sowie an Windkraftlagen gibt es beispielsweise eine hohe Mortalitätsrate. Aber auch die steigende Habitatfragmentierung (Zerschneidung der Lebensräume) durch die Neuanlage von Verkehrsstraßen sowie die zunehmende Zersiedlung der Landschaft bei zeitgleichem Rückgang von dörflichen Strukturen spielen eine starke Gefährdungsrolle.1
Die Zerschneidungswirkung ist dabei für Arten, welche sich auf ihren Flugwegen an eng an Strukturen orientieren, besonders stark (siehe Tabelle 1)12.

Beispielsweise werden durch die Verwendung moderner Bautechnologien seit vielen Jahren wesentlich mehr Fledermausquartiere zerstört, als durch den Menschen wieder neue entstehen. Dies hat schlechten Einfluss auf die betroffenen Arten und führt zum Rückgang ihrer Bestände. Dabei besiedeln zahlreiche Fledermausarten diverse Quartiere an und in Gebäuden, einige von ihnen sind sogar auf diese Gebäudequartiere angewiesen.11 Glücklicherweise zeigten zumindest die jahrzehntelangen Bemühungen um das Verbot von den hochtoxischen Holzschutzmitteln DDT und Lindan positiven Einfluss auf die Bestandssituationen einiger Arten1.

Der Rückgang von kleinbäuerlicher Landwirtschaft, Kleingärten die zu reinen Ziergärten wurden, die Intensivierung der Pflege von Parkanlagen sowie die stellenweise wieder sehr intensive Forstwirtschaft führen ebenfalls zu Einschnitten in Quartier- und Nahrungsangebot6. Die Verwendung von Pestiziden und Herbiziden hat einen negativen Beeinflussung auf die Insektenwelt und somit schließlich auch auf die Artenvielfalt und Anzahl der Fledermäuse3.

Aber auch unsere Unkenntnis spielt eine Rolle im Leben der Fledertiere.
Blind endende Rohre, Kamine oder auch Räume mit beispielsweise Kippfenstern können tragische Fledermausfallen darstellen. Die darin gefangenen Tiere können durch Rufe mehrere Artgenossen mit anlocken, bei der Zwergfledermaus wurden so schon Todesfallen mit über 1000 verendeten Tieren bekannt. Durch Unkenntnis gehen jedes Jahr beim Verputzen von Häusern oder dem Ausbetonieren von Fugen unzählige Tiere und Quartiere verloren.1

Beispiele für Schutzmaßnahmen

Es ist sehr wichtig, die Fledermäuse bei der Landschaftsplanung zu berücksichten, Querungshilfen im Bezug auf den Straßenverkehr (wie Über- und Unterführungen, Durchlässe, Kollisionsschutzwände und Leitstrukturen wie beispielsweise Hecken etc.12) zu schaffen und Artenschutzprogramme, wie beispielsweise die Pflege von Streuobstwiesen, den Erhalt von Altholzbeständen in Wäldern und die entsprechende Pflege von blühenden und artenreichen Wiesen, zu unterstützen.5

Im Bezug auf Bautätigkeiten sollten Sanierungen an Gebäuden nur in Abwesenheit von Fledermäusen stattfinden, da diese sonst verletzt oder getötet werden könnten. Auch sollten ihre Quartiere dabei unbedingt erhalten oder entsprechende Alternativen geschaffen werden. Dabei ist zu beachten, dass Quartierstrukturen artspezifisch sind. Daher müssen die Ersatzquartiere den Ansprüchen der Art genügen, deren Unterkunft beeinträchtigt wurde oder verlorengegangen ist. Einige Möglichkeiten um ein zu Hause für Fledertiere am eigenen zu Hause zu schaffen sind: Fledermausbretter, Quartiere hinter Holz- oder Schieferverkleidungen, hinter Fensterläden, Attikaverkleidungen, Spaltenquartiere in Dachböden oder der Dachhaut sowie Winterquartiere in unterirdischen Haus-, Erd- und Wasserkellern. Außerdem sollte dabei darauf geachtet werden, dass die Fressfeinde wie Marder und Katzen keinen Zugang zu den Fledertieren haben.11Auch die Anbringung von Gittertüren mit waagerechten Schlitzen vor Winterquartieren damit diese vor unbefugtem Besuch geschützt sind, kann ein Beitrag für die Fledertiere sein2.

Dabei spielt die Öffentlichkeitsarbeit eine entscheidende Rolle. Nur durch ein breit gefächertes Informationsangebot ist es möglich, Schutz und Rückhalt für die meist unbemerkten, aber doch in großer Nähe zum Menschen lebenden Fledermäusen, zu schaffen. Somit können beispielsweise Unfallrisiken und Beeinträchtigungen durch Unwissenheit reduziert werden.1

Das Anbieten, pflegen oder erweitern von Quartieren6, Trinkstätten und entsprechende Entscheidungen im eigenen Garten5 oder auf dem Balkon, indem man entsprechende Futterpflanzen für Nachtfalter und andere Insekten anpflanzt kann ebenfalls ein wichtiger positiver privater Beitrag sein. Ebenso wie sich Naturschutzverbänden wie beispielsweise dem NABU anschließen oder sogar in Fledermausfachgruppen mitarbeiten6. Dort kann man nicht nur Fledermauskästen betreuen, auch die Jugendorganisation des NABU, die NAJU (Naturschutzjugend) gestaltet regelmäßig Veranstaltungen im Namen der Kinder- Jugendumweltbildung um wichtiges Wissen über unsere natürliche Umgebung an Jüngere zu vermitteln. Aber auch der BUND, Greenpeace und viele weitere Organisationen setzen sich für Natur- und Umweltschutz ein und haben Jugendorganisationen. Schaut Euch am besten in Eurer Gegend nach dem regionalen Angeboten zu Veranstaltung und Vernetzung um.

Fledermaus-Frage-Feld

Unter welchen Schutzbeschreibungen stehen die europäischen Fledermäuse?
Warum eignen sich Fledermäuse als Indikatorarten?
Welche sind die natürlichen Feinde der Fledermäuse?
Wie betrifft der Einsatz von Pestiziden das Fledermausvorkommen?
Nenne fünf Einflüsse des Menschen, die einen negative Auswirkung auf das Leben der Fledermäuse haben.
Welche Lebensräume könnten für Fledermäuse an Gebäuden geschaffen werden?
Wobei ist dabei zu achten, sollte es sich dabei um Ersatzquartiere handeln?
Wie könnten Schäden an Fledermäusen durch Unwissenheit verhindert werden?